Leatmons erste Vision
Grünes Feuer glost zwischen meinen Fingern, kalt, machtvoll und schwer liegt es in meinen fleischlosen Händen. Funken sprühen hell! Endlich ist der Moment gekommen, endlich bricht die Hülle! Ungeahnte Macht fährt in meinen Leib, als ich gierig beginne, das Feuer zu trinken. Die Nacht erbebt, als meine Schwingen sich wieder entfalten, glosend pulsiert mein kaltes Herz. Frei, endlich frei! Mein Schrei zerreißt die Dunkelheit, bricht sich Bahn durch die Sphären, und die Tausenden und Abertausenden Seelen, die ich verschlang, wimmern und kreischen in mir.
Das Licht flackert und wird zu totem, gläsernem Schmerz. Kalt und schwer liegt er in meinen fleischlosen Händen. Unversehrt. Unbezwungen. Ich stehe in einem finsteren Tal. Meine Truppen sind um mich herum versammelt, erwarten meinen Befehl. Mein Schrei zerreißt die Dunkelheit, laut gellt meine Wut, meine Enttäuschung.
Leatmons zweite Vision
Ich gehe durch einen Gang aus schwarzem Stein und hellen Knochen. Finsternis umgibt mich, Furcht eilt mir voraus, Tod und Verdammnis folgen mir nach. Die Schreie der Versager werden schwächer, heiserer, aber ihre Seelen werden noch schreien, wenn ihre erbärmlichen Leiber längst zu Staub zerfallen sind. Ich erreiche eine große Halle. In ihrer Mitte steht ein großer Tisch aus Knochen, acht leere Knochenstühle umgeben ihn. Sie haben sich alle verkrochen. Sie tun gut daran.
Ich öffne den Schrein aus schwarzen Gebeinen und lege das kalte, machtvolle Feuer wieder hinein. Sein grünes Glühen ist spöttisch. Unversehrt. Unbezwungen. Nicht einmal ein Kratzer! Wut schießt in mir hoch, und ich eile weiter Gänge, Schächte, Hallen und Kammern. Niemand tritt in meinen Weg, selbst die Toten verkriechen sich. Schwer und nachtschwarz liegt das nutzlose Ding in meiner Hand. Die Ketten aus Knochenblei klimpern, als ich es wütend in die Dunkelheit schleudere. Die feinen Glyphen, die den NAMEN halten, glimmen noch in grünlichem Licht. Nutzlos!
Ich gehe nach draußen, auf den Trümmerhaufen, der einst die dreizehnseitige Pyramide war. Die Sterne scheinen mich höhnisch anzublicken.
Fedora
Du läufst über den Hof des Klosters. Schatten huschen über die Mauern, kriechen über den Boden, fließen über die Dächer, drängen sich in deinem Weg zusammen. Du weichst aus, läufst weiter, so schnell du kannst. Vor dir liegt der Tempel, gleich hast du es geschafft – du siehst schon das warme, goldene Leuchten, das durch die geöffnete Tür auf den Hof fällt, hörst die Gesänge der Brüder und Schwestern, die die drei Göttinnen preisen.
Mit einem Krachen bricht direkt vor deinen Füßen der Boden auf! Eine lange, gezackte Spalte öffnet sich, Staub und schwarzer, öliger Rauch wallen empor, und tief in der klaffenden Finsternis siehst du, wie etwas Gewaltiges seine Augen öffnet.
Es sieht dich an.
Es kommt dich holen.
Nacht umfängt dich. Du willst schreien, aber kein Laut dringt über deine Lippen. Du stürzt in ewige, bodenlose, kalte Finsternis.